Bergbauernweg
Wege sind Adern der Gesellschaft, ohne die kein Gemeinschaftsorganismus bestehen könnte; Wege sind Orte der Begegnung und Teil des Lebensraumes.
Für entlegene Bergbauernhöfe waren Wege und Steige von besonderer Bedeutung: sie führten in die dörfliche Gemeinschaft, verbanden mit den Nachbarn und erschlos-sen Wiesen, Äcker und Wälder.
Vielerorts entstanden feste und zugleich naturverbundene Wegführungen. In Ab-schnitten folgt der vorgeschlagene Wanderweg solchen uralten landschaftsgebundenen Wegen wie unterhalb von Gsoi. Der mit Steinen gepflasterte Weg verband die Coller Bergbauernhöfe mit dem dörflichen Zentrum, diente als Schul- und Kirchweg, aber auch für Pferdefuhrwerke und Ochsengespanne – ihre Spuren gruben sich im Laufe der Jahre als Rillen in den Weg.
Der Gsoi-Hof wurde 1288 zum ersten Mal in einem Urbar des Grafen von Tirol Mein-hard II als hof ze Casay erwähnt. Der Hofname dürfte aus dem Lateinischen ca-sa=Haus stammen. In diesem Urbar waren die Zinsen und Abgaben, die die Bauern zu leisten hatten, festgelegt.
Villnöß gehörte bis zum Jahre 1505 zur Urpfarre Albeins (heute Fraktion der Ge-meinde Brixen), dort wurden die Verstorbenen begraben. Zur Winterszeit wurden die Toten im Gsoier-Keller aufbewahrt bis der Weg zum Friedhof in Albeins wieder ausaperte. Der Keller blieb bis zum heutigen Tag unverändert.
Die stattlichen Bergbauernhöfe verweisen darauf, dass hier neben der bäuerlichen Großfamilie eine Anzahl von Knechten und Mägden lebten, die in mühsamer Handarbeit Felder und Wiesen bestellten. Bergbauern versuchten ehemals so autark als möglich zu wirtschaften und sich selbst mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen. Auf den südexponierten, trockeneren Hängen des Tales baute man bis vor Jahren Getreide an: Weizen und Roggen als Brotgetreide mit Gerste, Hafer und Kartoffeln im Wechsel und als Nachfrucht häufig den Buchweizen, dem im traditionellen bäuer-lichen Speiseplan große Bedeutung zukam. Heute erkennt man Spuren der Äcker in Feldrainen; Trockenmauern dienten zur Befestigung und Begrenzung von Grundstücken und von Wegen, Äcker selbst sind äußerst selten zu finden. Wiesen und Weiden nehmen die Flächen ein: Die Bauern spezialisierten sich auf Viehzucht und da-bei vor allem auf Milchwirtschaft. Wirtschaftliche Erfordernisse wie auch die Notwendigkeit eines Zuerwerbs außerhalb der Landwirtschaft führten in den vergangenen Jahrzehnten zu diesem Wandel im Landschaftsbild.
Auf Verebnungen und Mulden, wo wasserstauende Schichten den Untergrund ver-dichten, prägen Feuchtwiesen und nach der Schneeschmelze auch Tümpel das Bild der Landschaft (wie bei der „Veltierer Zente“), wenn die Flächen nicht für eine besse-re Bewirtschaftung entwässert wurden.
An markanten Punkten und besonders in Hofnähe weisen Wegkreuze, Bildstöcke, und Kapellen auf eine tiefverwurzelte Volksfrömmigkeit hin und laden auch heute zum Verweilen und zur Besinnung ein.
Auf Steigen waren die Kraxentrager von Hof zu Hof unterwegs und boten ihre Waren an. So wird z. B. berichtet, dass mit großen Körben frisches Brot von Villnöß über den Kuratensteig, der am Vikoler Hof vorbeiführt, nach Afers getragen wurde.
Mit dem Verkehr von schweren Lasten wartete man oft auf den Winter, weil einer-seits Schlittentransporte weniger beschwerlich waren und andererseits die Bauern im Winter leichter Zeit dafür hatten. Heu von den Almen und Bergwiesen, Holz aus den Wäldern: Schlittentransporte spielten hierfür eine große Rolle. Der Wald – vor allem mit Fichten, aber auch Lärchen und Föhren – bildete für die Bergbauern eine Rückla-ge für Notzeiten oder besondere Investitionen.
Der Hof Feldthun wurde 1350 erstmals erwähnt. Der älteste Teil des dreigeschossig-gemauerten Wohnturmes stammt noch aus dem 15. Jahrhundert. Seit 1984 steht der Hof unter Denkmalschutz und konnte vorbildhaft restauriert werden. So wurden die barocken Fensterumrahmungen, die Eckquaderungen und das Fresko an der West-fassade mit den Heiligen Johannes von Nepomuk (Schutzpatron gegen Wasserge-fahr), Florian (Schutzpatron gegen Feuergefahr), Antonius von Padua (Schutzpatron der Haustiere und Helfer aus allen Nöten) und der Jahreszahl 1749 gereinigt und gefestigt. Interessant ist unter dem vorspringenden Bundwerkgeschoss aus dem 18. Jahrhundert der Backofenerker auf langen Stabenpfeilern.
Mit jedem Schritt öffnen sich neue Ausblicke, Einsichten in die Geheimnisse der Natur und in die Großartigkeit der Bergwelt. Aus dem Wald austretend weitet sich der Blick über den Talschluss: die bizarren Spitzen der Geislergruppe im hellen Dolomit hinter den dunklen Hügeln des Schwarzwaldes und die sanften Wiesen mit den Hö-fen im weiten Talgrund von St. Magdalena bilden eine einzigartige Harmonie von Kultur- und Naturlandschaft.
Der sonnige Südhang des Tales mit terrassenartigen Verebnungen hebt sich deutlich von der schrofferen, meist mit dichtem Wald bestandenen Nordflanke ab. Waldinseln, Baumgruppen und Hecken gliedern die Wiesen und Weiden der Südhänge und schaffen eine abwechslungsreiche, harmonische Kulturlandschaft, bieten aber auch Lebensraum für eine Vielfalt von Pflanzen und Tieren.
Vor allem im Interesse des aufkommenden Fremdenverkehrs war eine neue Be-stimmung und Gestaltung der Wege notwendig: Vielfach erwiesen sich die alten Verbindungen als untauglich für den Kraftfahrzeugverkehr, alte Wegabschnitte wurden nicht mehr benutzt, dafür erfahren sie als Wanderwege eine neue Bedeutung für Er-holung und Freizeit. Das Gespräch unterwegs, der bewegte Kontakt mit der Natur bringen Körper und Seele in ein natürliches Gleichgewicht.
Details zur Wanderung